Und wieder ein hochaktuelles Forschungsergebnis aus dem FLuchtforschungsprojekt TRAFIG, unter Federführung von Forschungsgruppenleiter Dr. Benjamin Etzold, einer unserer Netzwerkpartner und BICC-Researcher.
Working Paper No. 7: Figurations of Displacement in and beyond Pakistan: Empirical findings and reflections on protracted displacement and translocal connections of Afghans
Jetzt wichtiger denn je: Afghanen in Pakistan brauchen mehr Mobilität und nachhaltige Lösungen zum Bleiben
Mit der Machtübernahme der Taliban Mitte August öffnet sich ein neues Kapitel in der Geschichte der Flucht und Vertreibung der afghanischen Bevölkerung. Derzeit leben bis zu drei Millionen Afghanen im benachbarten Pakistan. Das TRAFIG working paper Nr. 7 zeigt auf, dass der derzeitige Ansatz der pakistanischen Regierung, die Afghanen zu "verwalten" dazu führt, dass sich immer mehr in einem Zustand der langanhaltenden Vertreibung befinden, ohne die Möglichkeit einer legalen oder nachhaltigen Integration.
Die Vertreibung des afghanischen Volkes begann vor mehr als 40 Jahren. Viele von ihnen haben in Pakistan Zuflucht gefunden, wo 2,3 Millionen registrierter Afghanen von der Regierung versorgt werden. Nahezu eine Million Afghanen halten sich in Pakistan ohne Papiere auf. „Die Anwesenheit von Afghanen in Pakistan muss von allen Akteuren, d.h. dem Herkunftsland, dem Aufnahmeland und den Geberländern neu überdacht werden“, unterstreichen die Autoren des TRAFIG working paper Nr. 7 “Figurations of Displacement in and beyond Pakistan”. Die Politik, Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und die Gebergemeinschaft müssen den Beitrag der Afghanen zur Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur Pakistans anerkennen und darauf hinwirken, dass sie das Recht haben, auch in Pakistan zu bleiben. „Ein solcher Ansatz ist heute besonders wichtig, da sich abzeichnet, dass mehr Afghanen nach Pakistan fliehen, um dem Leben unter der neuen Regierung zu entkommen“, erklärt Muhammad Mudassar Javed, Direktor der pakistanischen NGO SHARP, die afghanische Flüchtlinge im Land unterstützt, und Mitautor der Studie.
Zwar versucht die pakistanische Regierung Anreize für die Rückkehr zu schaffen, doch sie behindert Afghanen sich innerhalb und außerhalb des Landes frei zu bewegen und somit auch in ihren translokalen und transnationalen Netzwerken verbunden zu bleiben. „Viele afghanische Flüchtlinge haben Familienangehörige, die in anderen Teilen Pakistans oder in anderen Ländern leben, doch ist das Potential dieser Netzwerke, die Menschen in Pakistan aus der langanhaltenden Vertreibung herauszuführen, beschränkt“, schlussfolgert Katja Mielke, Wissenschaftlerin am Friedens- und Konfliktforschungsinstitut BICC und Hauptautorin der Studie, die auf empirischer Forschung zu den Erfahrungen afghanischer Flüchtlinge in Pakistan von 2019 bis Anfang 2021 im Rahmen des von der Europäischen Union finanzierten TRAFIG-Projekts beruht. „Wir haben auch festgestellt, dass der soziale Zusammenhalt zwischen Afghanischen Flüchtlingen und der pakistanischen Aufnahmegesellschaft abgenommen hat. Lokale Netzwerke sind im Alltag von großer Bedeutung doch die Beziehungen zwischen den Gruppen bieten kein emanzipatorisches Potential für die Afghanen“, so Mielke.
Die zweiseitige TRAFIG practice note Nr. 7 “Now more than ever: Afghans in Pakistan need more mobility and durable solutions to stay” ergänzt das working paper. Sie plädiert für ein nationales Flüchtlingsgesetz in Pakistan oder die Umwandlung des derzeitigen pakistanischen Schutzsystems in eine großzügige Visaregelung für Afghanen.
Sie finden das TRAFIG working paper Nr. 7 “Figurations of Displacement in and beyond Pakistan” hier: https://trafig.eu/output/working-papers/figurations-of-displacement-in-and-beyond-pakistan
und die TRAFIG practice note Nr. 7 “Now more than ever: Afghans in Pakistan need more mobility and durable solutions to stay” hier: https://trafig.eu/output/practice-notes/practice-note-no-7
Das TRAFIG working paper Nr. 7 wurde im Rahmen des von der EU finanzierten Horizont 2020- Forschungsprojekts "Transnational Figurations of Displacement" (TRAFIG) veröffentlicht, das langanhaltende Vertreibungssituationen an verschiedenen Orten in Asien, Afrika und Europa untersucht und Optionen zur Verbesserung der Lebenssituation von Vertriebenen analysiert.Um mehr über das von der EU geförderte Horizont 2020-Projekt TRAFIG zu erfahren, klicken Sie hier.